Die verschwundene Melodie by Arno Alexander

Die verschwundene Melodie by Arno Alexander

Autor:Arno Alexander [Alexander, Arno]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Saga
veröffentlicht: 2016-07-16T00:00:00+00:00


17

In den nächsten Tagen sollte Huntington Gelegenheit haben, seine vorher etwas geringschätzige Meinung über die Fähigkeiten des Kapitäns noch mehr zu berichtigen. Er tat dies so gründlich wie nur möglich und hatte auch wirklich alle Ursache dazu.

Eines Abends, als der Detektiv vornübergeneigt am Schreibtisch saß, bemüht den Schlüssel zu einer schwierigen Geheimschrift zu finden, öffnete sich leise die Tür, und Kapitän Hearn trat ein. Huntington hatte diesen Besuch wohl erwartet, hob aber bei Hearns Eintreten nicht einmal den Kopf.

„Guten Abend!“ sagte der kleine Mann bescheiden und drehte seinen mitgenommenen Hut unschlüssig zwischen den Fingern. „Guten Abend, Mr. Huntington! Entschuldigen Sie bitte mein Eindringen, — die Tür war nämlich nur angelehnt, und da wollte ich nicht erst klingeln. Wie leicht hätte der schrille Glockenton Sie in Ihrer Arbeit stören können.“

„Ich ließ die Tür offen, weil ich Sie erwartete. Sie brauchen sich also nicht zu entschuldigen“, entgegnete der Detektiv kalt. „Sie haben sich ja gestern abend auch nicht entschuldigt, als Sie hier in meiner Abwesenheit die Wohnung besichtigten. Ich glaube übrigens, die Tür war gestern verschlossen. Wie nennt man doch gleich ein derartiges Vorgehen?“

„Schweren Einbruch, glaube ich“, sagte Hearn traurig. Er seufzte leise. „Ich fürchte, es steht Zuchthaus darauf, Mr. Huntington!“

„Ich werde Sie einstweilen noch nicht anzeigen“, erklärte der Hausherr gleichmütig. „Immerhin möchte ich gern den Grund Ihres nächtlichen Besuchs von gestern erfahren. Aber Sie stehen ja immer noch! Nehmen Sie doch bitte Platz!“ Huntington wies auf ein Polster ihm gegenüber.

„Danke, danke!“ Hearn blickte suchend im Zimmer herum. Aus der äußersten Ecke holte er einen gewöhnlichen Holzstuhl herbei und setzte sich darauf.

„Ich sitze lieber hart“, erläuterte er. „Diesem Umstande verdanke ich mein Leben. Sie staunen? Ja, es ist kaum zu glauben! Aber als ich gestern abend hier war und aus Langeweile im Konversationslexikon blätterte, setzte ich mich ebenfalls auf diesen harten Stuhl. Nun geschah aber folgendes: ich lege das Buch — übrigens die neueste Ausgabe, man findet das selten bei den heutigen schlechten Zeiten — auf den Polstersessel neben mir, und schon krachte der schwere Kronleuchter — gediegene, dauerhafte Arbeit — von der Decke herunter — — — gerade auf den Sessel. War ich erschrocken! Übrigens eine hübsche Einrichtung zum Schutze gegen unerwünschte Besucher! Wenn ich einmal reich sein werde, lasse ich mir auch solch ein Ding einbauen. Und auch so ein paar Bindfaden am Boden im Vorzimmer, deren Zerreißen das reinste Maschinengewehrfeuer hervorruft. Es muß ein außerordentlich beruhigendes Gefühl sein, wenn man weiß, daß kein Einbrecher aus Ihrer Wohnung lebendig entkommt.“

Huntington hatte schweigend zugehört. Er saß, jetzt ein Bild unerschütterlicher Ruhe, zurückgelehnt in seinem Sessel und drehte langsam die Daumen umeinander. Die Blicke, mit denen er sein Gegenüber streifte, waren neugierig und spöttisch zugleich.

„Lassen wir das Spiel, Hearn!“ sagte er unvermittelt. „Sie haben sich gestern davon überzeugen können, daß ich doch nicht ganz so dumm bin, wie ich zuweilen scheine. Andererseits aber haben Sie dadurch, daß Sie den verschiedenen Fallen in meinem Hause entgingen, wiederum mir verraten, daß all Ihre Einfalt nur angenommen — Maske ist. Wir wissen nun übereinander Bescheid.



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